Home Германский стендDer zweite Brief von Herrn Prof. Dr. Fabritius
Der zweite Brief von Herrn Prof. Dr. Fabritius

Der zweite Brief von Herrn Prof. Dr. Fabritius

Herrn
Viktor Diez
Deutsches Haus der Republik Tatarstan
Karl-Marx-Strasse 26
420111 Kazan Tatarstan

Sehr geehrter Herr Diez,

ich nehme Bezug auf Ihr Schreiben, das Sie mir am 15. November 2018 im Altai übergeben haben. Darin bitten Sie mich in Bezug auf das Deutsche Haus der Re­publik Tatarstan und die Evangelisch-Lutherische Gemeinde in Kasan um Unterstüt­zung.

Ich habe Ihr Anliegen sorgfältig geprüft und dabei auch den Internationalen Verband der Deutschen Kultur (IVDK) einbezogen. Im Ergebnis freue ich mich Ihnen mitteilen zu können, dass ich Ihrem Wunsch nach einem Unterstützungsschreiben an den Präsidenten der Republik Tatarstan entsprochen und darin die von Ihnen gewünsch­ten Punkte aufgegriffen habe.

Mit Ihrem Schreiben haben Sie mir auch Ihren Entwurf eines „Ersuchens“ einer „In­terregionalen wissenschaftspraktischen Konferenz der Deutschen Russlands in Ka­zan vom 27.-31. August 20182 beigefügt. Sie nehmen darin auch Bezug auf meine Berliner Rede vom 12. Juni 2018 zum Thema „100 Jahre Wolgarepublik“ und inter­pretieren meine Rede als „positiven Impuls“ unter anderem für Ihre Forderung nach Wiederherstellung der national-territorialen Autonomie.

Ich befürchte, Sie unterliegen hier einem Missverständnis. Ich habe in meiner Rede lediglich festgestellt, dass es nach wie vor an einer vollständigen Rehabilitierung der Russlanddeutschen fehlt und dass diese für nicht wenige Russlanddeutsche die Wiedererrichtung der Wolgarepublik voraussetze. Ich habe mich jedoch nicht für die Wiederherstellung der Staatlichkeit ausgesprochen. Zwar habe ich Verständnis dafür, dass die Frage der Wiederherstellung der Staat­lichkeit der Russlanddeutschen ein wichtiges Anliegen vieler Mitglieder der deutschen Minderheit in der Russischen Föderation bleibt. Die Bundesregierung hat sich in der Vergangenheit auch stets für eine vollständige Rehabilitierung eingesetzt und wird auch in der Zukunft diese Bemühungen unterstützen.

Aber die Frage, ob es zu einer Wiederherstellung der Wolgarepublik kommt, ist eine innerrussische Angelegenheit, die sich allein nach Maßgabe des russischen Rechts bestimmt. Mit dem Gesetz der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepub­lik „Über die Rehabilitierung der repressierten Völker“ vom 26. April 1991 wird „die Anerkennung und Realisierung des Rechts auf die Wiederherstellung der territorialen Integrität, die vor der verfassungswidrigen Politik der Revidierung von Grenzen be­standen hat, sowie auf die Wiederherstellung der vor ihrer Abschaffung entstande­nen national-staatlichen Gebilde“ rechtsverbindlich durch russisches innerstaatliches Recht geregelt.

Auch aus dem Deutsch-Russischen Protokoll über die Zusammenarbeit zur stufen­weisen Wiederherstellung der Staatlichkeit der Russlanddeutschen vom 10. Juli 1992 folgt kein Rechtsanspruch auf Wiederherstellung. Das Protokoll bezieht sich bereits in der Präambel auf die soeben genannte innerrussische gesetzliche Grund­lage. Ausgehend von dieser russischen Gesetzeslage bekräftigt die Regierung der Russischen Föderation im Protokoll ihre Absicht, die Republik der Wolgadeutschen in den traditionellen Siedlungsgebieten ihrer Vorfahren wieder herzustellen. Die deutsche Seite hat im Protokoll ihre Bereitschaft zur Unterstützung des russischen Vorhabens der Wiederherstellung der Wolga-Republik, zum Ausdruck gebracht.

Für Ihre Bemühungen um den Erhalt und die Fortentwicklung des Deutschen Hauses der Republik Tatarstan wünsche ich Ihnen viel Glück und Erfolg. Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Bernd Fabritius