Ich bin Presse-Sekretär, Presse-Referent an der deutschen Botschaft, von der Stellung der erste Sekretär. Ich bin der Stellvertreter des Leiters der Presseabteilung der Botschaft.
L.L.: Vor allem möchte ich Ihr Amt präzisieren. Wie es genau lautet?
W.B.: Ich bin Presse-Sekretär, Presse-Referent an der deutschen Botschaft, von der Stellung der erste Sekretär. Ich bin der Stellvertreter des Leiters der Presseabteilung der Botschaft. Damit also auch der Sprecher der Botschaft.
L.L.: Leider kenne ich mich in der Struktur der Botschaft nicht besonders gut aus. Erklären Sie mir bitte das allgemeine System der Ämter der Botschaft.
W.B.: Also die Botschaft besteht aus mehreren Abteilungen. Es gibt einen Kern der Botschaft. Das ist, würden wir sagen, die politische Abteilung, die versucht, die Verbindung zu den wichtigen Partnern auf dem politischen Leben zu halten, zum Außenministerium, zu den wichtigen Institutionen, wie die Duma, die Präsidialadministration u. s. w. Und die auch sonst versucht, das politische Leben im Land zu analysieren.
Dann gibt es eine Wirtschaftsabteilung, die den wirtschaftlichen Austausch zwischen den beiden Ländern fördern soll, die unseren deutschen Firmen wo möglich hilft, in Kontakt mit russischen Behörden und anderen Institutionen zu treten, die versucht ein Bild von der wirtschaftlichen Situation im Lande zu zeigen.
Dann haben wir eine Kulturabteilung, die die kulturelle Arbeit in Russsland koordiniert und manchmal auch selber gestaltet.
Wir haben die Presseabteilung, die auf der einen Seite die Presselandschaft in Russsland analysiert und auf der anderen Seite (was man auch PR nennt) Öffentlichkeitsarbeit gestaltet. Wir haben dazu verschiedene Instrumente: Zeitschriften, Bücher, das Internet. Wir haben auch eine Homepage, auf der wir eine ganze Menge Informationen haben. Dann haben wir natürlich noch den inneren Dienst, also die Verwaltung der Botschaft selber. Unsere Botschaft in Moskau ist die größte, die wir haben in der Welt, mit 300 Mitarbeitern und davon die Hälfte ungefähr aus Deutschland.
L.L.: Was gehört zu Ihren Dienstpflichten?
W.B.: Ich bin in der Presseabteilung tätig. Wir analysieren die russische Presse, das heisst wir lesen jeden Morgen die Zeitungen und dann, in einer Versammlung, in einer Besprechung, die dreimal in der Woche stattfindet, erklären wir den Kollegen was in russischen Zeitungen steht, damit sie nicht das alles selber lesen müssen. Das ist ja auch ziemlich viel. Und wenn es was Wichtiges gibt, dann berichten wir auch nach Deutschland. Zum Beispiel Themen, die in der Presse eine besondere Rolle spielen. Entweder weil sie einfach besonders prominent über längere Zeit sind, oder weil sie für uns vom Inhalt sehr bedeutsam sind, oder sie mit Deutschland was zu tun haben. Dann machen wir darüber mal einen Bericht und sagen: die „Iswestija“ haben das und das geschrieben… Was wir auch machen ist wir beobachten alles was mit Pressefreiheit und Informationsfreiheit in Russland zu tun hat. Also, Änderungen im Fernsehbereich interessieren uns; oder wenn eine Zeitung vom Markt verschwindet, oder wenn, zum Beispiel, Journalisten irgendwas zustößt.
Das ist aber mehr politische Analyse, die thematisch aber im Pressebereich liegt. Deshalb machen wir das. Wie ich schon angedeutet habe, gehört Presse- und Öffentlichkeitsarbeit auch zu meinen Aufgaben. Wobei das nicht so zum Hauptthema gehört, aber manchmal halte ich mal auch einen Vortrag an einer Universität.
L.L.: Ist ihr Arbeitsfluß intensiv? Wieviel Arbeitsstunden haben Sie pro Tag?
W.B.: Bei uns ist es so, dass ich die Botschaft informiere über was in den Zeitungen steht. Und man das natürlich morgens macht. Bei mir fängt der Tag sehr früh an, etwa um 7.30. Und trotzdem bleibt man natürlich abends etwas länger in der Botschaft, das ist unterschiedlich. Also es gibt mal längeren Tagen, mal kürzeren, aber es ist natürlich schon bestimmt: 9 – 10 Stunden am Tag dauert der Arbeitstag normalerweise.
Und da gibt es auch Stoßzeiten, wenn wir Besuche erwarten. Den Bundeskazler, zum Beispiel, der häufig mit der Deligation von deutschen Journalisten kommt. Die müssen wir betreuen. Das gehört auch zu unseren Aufgaben. Gerhard Schröder hat sich mit seinen Kollegen Putin ungefähr alle sechs Wochen getroffen. Das heisst er war in diesem Jahr schon fünf mal in Russland. Dann sind die Arbeitszeiten manchmal bis rund um die Uhr. Am 9. Mai hat man eigentlich drei Tage gar nicht geschlafen. Aber das kommt nicht so häufig vor.
L.L.: Sind sie mit ihrem Beruf zufrieden?
W.B.: Es gefällt mir: das ist ein sehr interessanter Beruf. Zweitens, es gefällt mir in Russland. Ich wollte immer nach Russland kommen. Ich bin jetzt fast zwölf Jahren im Geschäft. Und es ist jetzt mir gelungen meinen Wunsch in Erfüllung zu bringen. Ich bin sehr gerne in Russland und ich hoffe, dass ich nicht zum letzten mal hier bin.
L.L.: Aber es gibt vielleicht in Ihrem Beruf auch Nachteile, oder?
W.B.: Jeder Beruf hat seine besonderen Attraktionen und hat seine Schwierigkeiten. Dazu gehört, dass man alle drei oder vier Jahre seine Umgebung wechselt und sich wieder neu adaptieren muss. Das muss man wollen. Wenn es einem gefällt, ist es ein sehr schöner Beruf. Wenn man damit nicht zurechtkommt, dann muss man besser einen anderen Beruf wählen. Aber insgesammt ist es ein sehr interessanter Beruf. Ich möchte ihn nicht tauschen.
L.L.: Könnten Sie mir bitte etwas zu Ihrer Ausbildung erzählen?
W.B.: Ich bin nähmlich überhaupt nicht typisch vom Fach, wie man sagt. Ich habe eine Fachfremde Ausbildung. Ich bin Ingenieur. Ich habe an der technischen Hochschule Elektrotechnik studiert. Ich habe danach noch eine zweite Ausbildung im Fernstudium gemacht. Ich habe noch Volkswirtschaft studiert. Aber, wie Sie sehen, man kann auch als Fachfremde zum Auswärtigen Amt kommen. Man muss erwähnen, dass nachdem man die Prüfung für das Auswärtige Amt bestanden hat, schließt man in Deuschland eine ein- oder zweijährige Ausbildung an. Also in meinem Fall waren es zwei Jahre in der sogenannten Diplomatenschule, in der man noch mal Sprachen lernt, Geshichte, Wirtschaftsfragen, Völkerrecht und überhaupt Rechtsfragen studiert.
Dann habe ich im Inland gearbeitet. Damals zuerst unter Helmut Kohl, und dann unter Gerhard Schröder; also von 1996 bis 1999 in der Abteilung für Sicherheitspolitik (Nordamerikapolitik und Vereinten Nationen). Und dann bin ich nach Kairo als Wirtschaftsreferent gegangen und habe drei Jahe lang Wirtschaftsfragen in Kairo bearbeitet und dann noch ein Jahr politische Fragen.
Das war auch sehr interessant, da es um Islamismus, Fundamentalismus, islamische Parteien, islamische Opposition geht. Und dann im Jahr 2003 bin ich nach Moskau gekommen.
L.L.: Und die letzte Frage. Welche besondere Charakterzüge muss ein erfolgreicher Presse-Sekretär besitzen?
W.B.: Er sollte Spaß haben an dem was er tut, er sollte offen sein, Freude daran haben mit Menschen in Kontakt zu treten. Er sollte die russische Sprache beherrschen. Wenn man von Kenntnissen spricht ist das das wichtigste was für uns gilt. Und was halt sonst immer hilft in einem diplomatischen Beruf, er sollte einen guten Verstand haben und Dinge schnell begreifen und analysieren können.
L.L.: Ich möchte Ihnen ganz herzlich danken. Das war wirklich sehr interessant.
W.B.: Vielen Dank.