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Warum ist Russland so hoffnungslos in der Entwicklung hinter den westlichen Industrieländern zurückgeblieben (und diese Lücke verringert sich nicht trotz der durchbrechenden Aktionen von Wladimir Putin in den letzten 10 Jahren und absolut richtiger und notwendiger Erklärungen, Mottos sowie Rufe von Dmitri Medwedjew in den letzten 2 Jahren)? Eine der grundlegenden Ursachen dieser Lage ist Vorhandensein in den oben erwähnten Ländern einer starken, aktiven und konstruktiven Opposition und fast voller Mangel an diese in Russland. In der jüngster Zeit haben die «Plätschern der Demokratie» öffentliches Leben in Russland nur zweimal begleitet: 1917 (Zeit der provisorischen Regierung) und gegen Ende der 1980er fast bis zum Ende der 1990er, als unvermeidlicher Abrutsch des Landes in die Kluft des gemeinsamen Chaos, Zerfalls und Bürgerkriegs nur Bonapartismus von Wladimir Putin angehalten hat. Den ganzen eigenen historischen Weg, außerhalb der oben erwähnten zwei Zeiträume, ist Russland im Zeichen von totalitärem, autoritärem und im besten Fall von paternalistischem Regieren gegangen. Es ging um keinen politischen Wettbewerb sowie keine wirksame und konstruktive Opposition.
Mir, als Teilnehmer des XI. Parteitags «Jedinaja Rossija» am 21. November 2009 in Sankt Petersburg, zerrissen die Ohren Fragmente der Rede des Vorsitzenden des Hohen Rats der Partei von Boris Wjatscheslawowitsch Gryslow, als er die Mitglieder der «Jedinaja Rossija» einerseits zur Schaffung einziger Partei aufrief, indem sie aus der Gruppe der Menschen, die Macht haben, zu einer politischen Partei als solche im Laufe der gespannten politischen Debatten und des Kampfs mit den Opponenten aus der Opposition machen, und andererseits bemerkte er selbstgefällig, dass die Opposition für «Jedinaja Rossija» nichtsnutzig ist (Kommunisten bis heute schlafen und überlegen, wie man alles im Staat teilen konnte und Liberal-Demokraten einfach quatschen). Worauf kann man hier stolz sein? Denn die herrschende russische Bürokratie und niemand noch machte die Opposition nichtig im Land. Auf diese Weise ist die «Partei der Macht» direkt an der Vernichtung in der modernen russischen Gesellschaft des effektiven Mechanismus seiner Entwicklung — wichtige und «nützliche» politische Konkurrenz — beteiligt. Das Vorhandensein solcher Konkurrenz lässt den Westen Russland in der Entwicklung «je weiter, desto besser» übertreffen. Ich glaube, da es aus einigen Gründen die konstruktive Opposition in der russischen Gesellschaft fehlt, soll sich die «Partei der Macht» (wenn das echt die Partei der verantwortlichen Macht ist) alle Mühe geben, um solche Opposition als Organ der ständigen «Außenkritik» seiner Planen und Taten zu schaffen. Das wird das Wohl sowohl für den Staat, als auch für die Partei selbst sein. Und sich an der Winzigkeit der Opposition zu ergötzen das lässt sich nicht hören.
Wenn jetzt gedanklich auf das Niveau der russischen Regionen hinabzusteigen, wird die Lage eben unansehnlicher uns schlechter aussehen. Dort «oben» versuchen mindestens in Wort (hier meine ich in erster Linie letzte politische «Andränge» des Präsidenten Dmitri Medwedjew) ein konkurrenzfähiges politischgesellschaftliches Mechanismus zu schaffen, aber in den Regionen muss man noch lange darauf warten. Die Beispiele liegen auf der Hand. Wenden wir uns an die politische Geschichte des Tatarstans der jüngsten Zeit. Meines Erachtens erschreckte die tatarstanische Verwaltung eben die Idee über das Vorhandensein einer starken politischen Opposition. Dies konnte nicht sein, weil es nicht sein konnte. In diesem Zusammenhang überkam mich heute große stille Freude, als ich die Rede des neuen präsidenten des Tatarstans Rustam Nurgalijewitsch Minnikhanow zum diesem Thema über die Opposition im Rahmen seines Beitrags auf der 31. erweiterten Sitzung des Regionalen politischen Rats der tatarstanischen regionalen Abteilung Allrussischer politischer Partei «Jedinaja Rossija» gehört habe, die am 15. Mai 2010 im großen Saal des NKZ «Kasan» stattfand. Er sagte den Mitglieder der tatarstanischen «Jedinaja Rossija»: «Opposition muss sein! Und seine Effizienz hängt von uns ab!»
Das sind sehr mächtige Worte. Das sind die Worte des neuen (!) präsidenten.
Direktor des Deutschen Hauses der Republik Tatarstan,
Mitglied des politischen Rates TRA ARP «Jedinaja Rossija»,
Vorsitzender des Ausschusses für Kultur, Sittlichkeit und interethnische Beziehungen
Victor Dietz
P. S. Ich habe dieses Wort «präsident» in bezug auf die Republik Tatarstan in kleiner Buchstabe geschrieben. In Russland muss nur ein Präsident sein. Ich hoffe sehr, dass hier meine Gedanken mit den Gedanken des neuen Präsidenten übereinstimmen werden.